Auf Citytrips passieren immer mal wieder spannende und witzige Sachen – ich habe aber noch nie Touristen erlebt, die sich für ein Foto so verrenken wie in Pisa.
Pisa
Zugegeben – in Pisa kennt man nur den schiefen Turm am Piazza dei Miracoli. Und da wie bei uns so oft nur wenig Zeit war, steuerten wir den natürlich auch als erstes an.
Der schiefe Turm von Pisa
Nun, eigentlich muss es dem Architekten ja peinlich sein, dass ausgerechnet sich sein Turm neigt – doch grade das hat ihn zur skurrilsten und einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Toskana gemacht.
Der Turm ist der Campanile, der Glockenturm, der benachbarten Kathedrale von Pisa werden. Wie so oft in der Region ist der Glockenturm – anders als in Deutschland oder Österreich – freistehend.
Schon 12 Jahre nach dem Start der Bauarbeiten 1173 – der Turm war erst halb vollendet – begann der Turm sich zu neigen. Erst 100 Jahre später wurden weitere 4 Etagen draufgesetzt, diesmal mit geringerem Neigungswinkel um die bereits bestehende Neigung auszugleichen. Doch dann musste der Bau erneut unterbrochen werden, so dass die Glockenstube erst 1372 vollendet wurde.
Der Turm steht auf lehmigem Untergrund, wohl am Rande eines versandeten Hafenbeckens. Der Boden verformt sich unter dem Eigengewicht des Turms, was zu einer Neigung von heute 4° führt.
Auch in der Physik spielt der Turm der Legende nach eine wichtige Rolle – der legendäre Galileo Galilei, der in Pisa geboren wurde, soll von oben die Fallversuche gemacht haben, die uns im Rahmen der Fallgesetze noch heute im Physikunterricht begegnen.
Hinaufsteigen kostet übrigens 18€ (im online Vorverkauf) – es wird allerdings nur wenig wahrgenommen, da der Ausblick nicht so extrem speziell ist. Speziell ist, was sich entlang der Wiese vorm Dom abspielt. Unzählige Gäste machen die lustigsten Verränkungen, halten Eiswaffeln und lecken an imaginärem Eis, versuchen irgendwas zu halten oder klettern auf Betonpoller, und kicken in die Luft – alles nur für Instagram.
Duomo & Battistero – Ein Leben im Schatten
Spannend ist immer, wie sehr doch die größte Taufkirche der Welt und die eigentliche Hauptattraktion, die Kathedrale, hinter dem legendären Turm in den Schatten rücken.
Ähnlich wie in anderen Städten in Norditalien, etwa in Florenz oder in Ravenna, teilt sich der Domkomplex in den freistehenden Campanile, die Taufkirche und die Hauptkirche. Ein Komplex, der zum Vorbild für viele anderen Kathedralen, etwa für die von Florenz, wurde.
Buscheto di Giovanni Giudice begann mit dem Bau der Domkirche 1063 in der unmittelbaren Nähe der Stadtmauer. Der instabile Schwemmboden machte das Unterfangen besonders schwierig, wie man ja später beim Bau des Campanile bemerkte. Man brachte mit ihm die Idee eines kreuzförmigen Grundrisses nach Italien. Zudem schuf man mit dem einheitlichen Baustoff – Marmor aus dem nahegelegenen Carrara – einen einheitlichen Gesamteindruck, obwohl sich die Vollendung des Baus um mehr als 200 Jahre hinauszögerte.
Info: Für die Kathedrale gibt es kostenlose Zeittickets beim Pisa Ticketoffice, um den Andrang in Grenzen zu halten. Ist wenig los, lassen einen die Aufpasser allerdings auch so rein.
Das Baptisterium in Pisa ist die größte Taufkirche der christlichen Geschichte. Das Gotische Kunstwerk ist 55 m hoch und hat einen Umfang von 107 m.
Das reich verzierte Gebäude wurde 1152 nach dem Vorbild der Anastasis Rotunde in der Grabeskirche in Jerusalem im romanischen Stil begonnen. Die zweite Etage wurde dann im gotischen Stil hinzugefügt, genauso wie die üppig ausgestaltete Außenkuppel, so dass sie erst 1394 fertiggestellt werden konnte.
Mein Fazit
Der Platz der Wunder – wie der Domplatz von Pisa im Volksmund heißt – ist schon schick anzuschauen. Man sollte aber nicht vergessen, dass es neben dem Schiefen Turm noch viel mehr zu entdecken gilt und dass es den Baumeistern von damals wohl tierisch peinlich wäre, dass das Ding schief steht. Sie hätten es damals wohl lieber wieder abgerissen. Die Touristen tummeln sich natürlich hauptsächlich vor dem legendären Turm, tun skurrile Dinge für Erinnerungsfotos. Man sollte aber den großartigen Platz als Ganzes sehen, fernab des Turms.
Pisa ist etwas Besonderes und der Schiefe Turm ist garantiert ein Sightseeing Highlight in der Toskana – doch so wirklich viel mehr als über den Besuch des Domplatzes und über den Schiefen Turm gibt es eigentlich gar nicht zu erzählen. Meiner Meinung reicht es, dort einen Tag einzuplanen.