Die Kunst hat in Wien schon seit langer Zeit ihre Tradition – schon zu Kaisers Zeiten wurde nicht nur gesammelt, sondern auch gefördert. Und so bekam die Künstlervereinigung auch ihren Platz, als im Rahmen des Ringstraßenbaus die alte Stadtmauer abgerissen wurde. Nach 3 1/2 Jahren aufwendiger Renovierung kehren die Künstler nun zurück in ihr angestammtes Haus am Wiener Karlsplatz – in eine Wohngemeinschaft mit der neu geschaffenen Albertina modern.
Das Künstlerhaus
Die Gesellschaft bildender Künstler und ihre Geschichte
Das Gelände, auf dem heute der Musikverein und das Künstlerhaus stehen, war ursprünglich von der Wiener Stadtmauer belegt. Als Kaiser Franz Josef 1857 entschied, dass diese Stadtbefestigung nicht weiter nötig war und einem repräsentativen und europaweit einzigartigen Boulevard Platz machen sollte, wurde der Grund, auf dem heute das Künstlerhaus und der Musikverein stehen, einzig der Kunst gewidmet – das ist bis heute so, weshalb die beiden Gebäude nicht z. B. zu Hotels umgebaut werden können.
Mit dem Bau für das Gebäude wurde 1865 begonnen. Architekt ist der bekannte Ringstraßenbauer August Weber, der auch das Gartenbaugebäude errichtet hatte. Es wurde dabei einer italienischen Renaissancevilla nachempfunden. Schon 1882 wurde das Gebäude vergrößert.
Kurz darauf kam es auch zu einer der berühmtesten Geschichten rund um die Gesellschaft der bildenden Künstler. Am Ende des 19. Jahrhunderts, wohl auf dem Höhepunkt der Kunst in Wien, spalteten sich 20 Künstler von der Vereinigung ab und gründeten die Secession. Dazu gehörten große Namen wie Gustav Klimt, Josef Hoffmann oder Koloman Moser, die ihr Haus mit der berühmten goldenen Kuppel beinahe in Sichtweite eröffneten.
Vor rund 3 1/2 Jahren schloss das Haus am Karlsplatz aufgrund dringend nötiger Sanierungsarbeiten seine Pforten. Ausweichquartier war die Altman’sche Textilfabrik im 5. Bezirk.
Die Sanierungskosten von rund 30 Millionen Euro sowie die jährlichen Erhaltungskosten trägt die Familienprivatstiftung von Hans-Peter Haselsteiner, der im Gegenzug dazu einen Teil der Ausstellungsfläche zur Verfügung gestellt. Die Fläche im Erdgeschoss wird nun von der Albertina modern bespielt, die der österreichischen Kunst ab 1945 ein Fenster bieten will. Grundstock dazu bietet die Sammlung Essl mit rund 7000 Werken, die Haselsteiner im Jahr 2014 übernommen wurde und der Albertina als Dauerleihgabe zur Verfügung steht. Die Albertina modern wird Mitte März 2020 ebenfalls eröffnet.
Die Wiedereröffnung des Künstlerhauses fand am 6. März 2020 mit einer großen Stiegenhaus-Kunstperformance statt, die die bunte Welt der heutigen Kunst gefeiert hat. Unter dem Titel „W*HOLE AGAIN“ machen die Künstler Paradigmen Antifaschismus, Feminismus und Queerness zu den neuen Leitlinien des Hauses.
Alles war klar – Eröffnungsausstellung im Künstlerhaus
Die Eröffnungsausstellung „Alles war klar“ beschäftigt sich stark mit der Geschichte des Künstlerhauses.
Schon im zentralen, großen Saal nutzt Thomas Baldischwyler seine Installation als Referenz an die Geschichte. Hier sind nicht nur Werke von Gustav Klimt oder Karl Hofer zu sehen, sondern auch eine Skulptur von Teresa Feodorowna Ries, die den Titel Hexe bei der Toilette für die Walpurgis Nacht trägt und bei der Künstlerhaus Ausstellung 1896 für einen der bekanntesten Skandale des Künstlerhauses gesorgt hat. Bis dato war die Darstellung der bevorzugt idealisierten Weiblichkeit den Männern vorbehalten – eine von einer Frau gestaltete nackte Frau, die sich auf dem Klo die Fussnägel schneidet, war nicht nur als hässlich verschrien, sie wurde teils zerstört, was bis heute deutlich zu erkennen ist.
So hat etwa Anna Artaker einen Ausstellungskatalog zur Ausstellung Blume und Plastik genommen und ein darin verzeichnetes Terrarium 1:1 rekonstruiert. Dazu hat sie sogar den Verein Danio ausgegraben, der sich mit Aquaristik und Terraristik beschäftigt und schon 1931 das Terrarium gebaut und betreut hat.
Ein Raum ist ganz den Mitgliedern der Künstlerhaus Vereinigung gewidmet. 20 ausgewählte Künstler zeigen hier ihr Werk in einer besonderen, drehbaren Konstruktion, die ein wenig an die Situation in einem Atelier oder einem Depot erinnert.
Diese und viele weitere Stücke zeitgenössischer Künstler sind im Obergeschoss des Künstlerhauses noch bis September 2020 zu sehen.