Ich muss ja zugeben, dass ich alles andere als begeistert war. Die Schwiegereltern wollten uns die Hochzeitsreise schenken – Bedingung, es sollte eine Überraschung werden. Nun gibt es da ja viele Möglichkeiten. Aber dass es ausgerechnet eine Rundreise durch Ägypten werden sollte, davon war ich dann doch eher wenig angetan. Zu viel hat man dort von Sicherheitsproblemen gehört. Die Reise antreten wollte ich selbstverständlich trotzdem. Und die erste Station sollte Kairo werden, immerhin die größte Stadt in Afrika.
#Cityhotel
Wir kamen abends in Kairo an. Der Transfer vom Flughafen zum Hotel war bereits gebucht und so kamen wir mitten in der Stadt an und landeten im Victoria Hotel. Der Eingangsbereich hatte zunächst einmal etwas kolonialen Style, mit einem alten Aufzug und Marmorfluren und Zimmermädchen.
Zimmer und Frühstück waren dann aber eine absolute Katastrophe – mit merkwürdigen Flecken in der Bettwäsche und Eiern, die nach dem Pellen schwarz waren (und stanken). Gut, die 3 Nächte würden wir schon irgendwie überstehen.
Wir waren schon ziemlich KO, daher holten wir nur im Supermarkt um die Ecke etwas Wasser und ein paar Kekse und fielen dann in tiefen Schlaf.
Eine besondere Show bietete sich übrigens beim Auschecken – das war das einzige mal, dass wir das Zimmermädchen sahen. Schon als wir zum Frühstück gingen, fragte sie nach, ob wir heute gehen. Als wir dann unsere Koffer holten, kam sie angestürmt, riss meinem Mann den Rollkoffer aus der Hand, fuhr ihn zum Fahrstuhl und hielt die Tür auf und machte sie erst nach einem Bakshish wieder zu.
#Trip nach Sakkara und Gizeh
Für den ersten Tag waren gleich die Highlights geplant. Mit einem Guide ging es zur Pyramide von Sakkara und zur legendären Cheopspyramide. Die liegen beide am Stadtrand von Kairo bzw. Gizeh.
Auf dem Weg dorthin wurde dann zum einen klar, wie riesig die Stadt ist. Zum anderen aber auch, dass die Stadt ein echtes Müllproblem hat. Die Ufer der verschiedenen Kanäle türmte sich das Plastik und in einem schwamm sogar ein aufgedunsener Pferdekadaver. Da musste mir dann auch keiner die Frage beantworten, warum Leitungswasser trinken in Kairo nicht ganz ungefährlich ist.
Die Stufen-Pyramide des Djoser ist eine der ersten bekannten Pyramiden. Das Gelände liegt etwa 20 km außerhalb von Kairo. Hier bekamen wir auch das erste Mal zu spüren, wie allein man als Tourist im Niltal ist. Obwohl, oder gerade weil wir früh am Morgen dort waren, war ich doch etwas erstaunt, dass wir die einzigen Besucher waren – es ist generell in Ägypten empfehlenswert, möglichst früh zu starten, denn um die Mittagszeit wird es sehr warm.
Nächster Stop war einer der Shops rund um die Pyramiden. Hier bekommt man Duftöle oder Papyrus und obligatorisch einen freien Tee angeboten. Man muss hier allerdings vorsichtig sein, denn die Guides bekommen hier eine Provision für alles, was die Touristen kaufen. Entsprechend war unser Guide ganz heiß darauf, uns in solche Läden zu schleppen. Im ersten Laden waren wir noch unbedarft und haben sogar den Preis gezahlt, der ausgezeichnet war. Im zweiten Laden waren wir dann schon leicht genervt und haben schließlich sogar der Dame kein Bakshish mehr gegeben.
Nach den späteren Erfahrungen in Assuan und Luxor würden wir wohl keinen gebuchten Guide mehr nehmen, sondern uns eher einen Taxifahrer suchen, der uns zu den Sehenswürdigkeiten bringt. Das ist günstiger und vor allem hat man keinen Shopmarathon vor sich, den man gar nicht haben will. In Luxor waren wir dann zwar auch in einem Alabaster-Shop, aber auch nur, weil ich mal dringend auf die Toilette musste…
Nächster Stop war dann die Hauptattraktion von Kairo – die legendären Pyramiden von Gizeh. Obwohl man immer denkt, es wären nur 3 Pyramiden, sind es in Wahrheit viel mehr. Seitlich sind kleine Pyramiden für die Verwandtschaft der Pharaonen zu sehen. Dazu kommen noch Totentempel, Orte, an denen die Einbalsamierung stattgefunden hat, sowie Grabwächter. Der Bekannteste unter den Grabwächtern ist die vor der mittleren Cheopspyramide stehende Sphinx.
Mich hat es übrigens sehr erstaunt, wie nah die Stadt schon an die Pyramiden herangerückt ist – der Übergang vom Archäologischen Park nach Gizeh ist beinahe schon fließend und man merkt gar nicht, wie man aus der Wüste wieder in die Stadt kommt und ist schon mitten drin.
Natürlich musste auch ein obligatorischer Kamelritt sein. Ich bin ja von sowas überhaupt kein Fan, alleine schon aufgrund meiner Höhenangst und meiner generellen Angst davor, auf etwas zu sitzen, das ich nicht kontrollieren kann. Entsprechend haben sich die Kamelführer auch königlich über mich amüsiert und mir versichert, dass mein Kamel doch digital sei und ich mir keine Sorgen machen soll. Am Schluss haben Herr Kamel und ich uns dann aber doch versöhnt. Für 45 Minuten zahlten wir rund 40€ für 2 Personen- die Kameltreiber haben wohl gut verdient an uns. Aber man muss eben sagen, es war unser erster Tag und unser erster Versuch im Verhandeln (da wäre wohl noch mehr gegangen – hätte unser Guide keine Provision eingestrichen).
Nach dem Ausritt fuhren wir dann mit unserem Kleinbus einmal um das Areal herum und dann kam für mich tatsächlich DER Moment der Reise – der erste von vielen. Als kleines Kind hatte ich die „Was ist Was“ Bücher – und natürlich auch das Alte Ägypten. Besonders habe ich immer die Sphinx bewundert. Nun stand ich vor ihr. Wirklich nahe heran darf man nicht, aber immerhin standen wir an dem Platz, an dem sich auch Napoleon fotografieren ließ. Dieses sagenumwobene Fabelwesen, über das man genau gar nichts weiß, ragt so riesig vor einem auf, dass man die gigantischen Pyramiden fast vergisst.
#Ägyptisches Museum für Altertümer
Am nächsten Tag wartete auf uns DAS Museum für alle Archäologie-Fans. Kein Museum hat mehr altägyptische Ausstellungsstücke, kaum ein Museum ist größer als das Ägyptologische Museum von Kairo.
Wir bekamen natürlich wieder einen Guide angeboten, verzichteten allerdings darauf. Und darüber waren wir am Ende auch ganz froh, denn wir verbrachten insgesamt rund 6 Stunden in der Sammlung und unser Reiseführer von Michael Müller hat auch einen ganz guten Überblick geliefert.
Zunächst zum Eingang. Die Kontrollen sind relativ streng – allerdings nicht, um Sprengstoff zu finden, sondern Kameras. Die dürfen nämlich nicht mit hinein und so mussten wir sie im Safe abgeben.
Und dann ging es hinein in das uralte Gebäude, das man so oft im TV gesehen hat. Denn es steht direkt am Tahrir-Platz, der ja während der Revolution 2011 eine gewichtige Rolle spielte. Auch das Museum ist dabei teilweise geplündert worden.
Wir wollten uns von oben nach unten durcharbeiten, vor allem weil es mich zu einer weiteren Legende zog – dem Grabschatz des Tutanchamun. Der ist hier inklusive der berühmten Maske ausgestellt. Vor ihr habe ich sicherlich am längsten gestanden um dem Pharao in die Augen zu sehen. Apropos Pharao in die Augen sehen – wenn man zusätzlichen Eintritt zahlt (der war höher als der Eintritt zum Museum selbst) kann man sich in der Mumienkammer auch die Pharaonen selbst anschauen, die hier unter Glas zu sehen sind.
Im alten Gebäude könnten auf eigentlich großem Raum kaum mehr Highlights untergebracht werden. Alle essentiellen Funde aus dem alten Ägypten sind hier ausgestellt und alle großen Namen sind vertreten – Echnaton, Nofretete, Ramses – ein Paradies für den Ägypten-Fan. Die Sammlung an sich machte auf mich einen relativ staubigen und schmutzigen Eindruck. Glasvitrinen sind verschmiert, weniger besuchte Räume sind zum Teil von einer Zentimeterdicken Staubschicht überzogen, Fenster sind gesprungen, eine Klimaanlage existiert nicht. Es wird derzeit an einem neuen Museum gebaut, dessen Fertigstellung allerdings noch nicht absehbar ist. Für mich war ganz witzig, einige Wochen nach unserer Reise erfuhren wir, dass der Bart der Totenmaske von Tutanchamun beim Putzen abgefallen sei – man hat ihn dann mit Heißkleber wieder angeleimt – das illustriert denke ich ganz gut, wie es in dem Museum aussieht.
#Vom Versuch, den Basar zu finden – Taxifahren in Kairo
Als wir am frühen Nachmittag das Museum verließen, wollten wir noch ein bisschen die Stadt erkunden. Da uns vom U-Bahn-Fahren strikt abgeraten wurde, wollten wir mit dem Taxi zum Basar fahren. Doch das war nicht ganz so einfach. Natürlich haben wir den Preis für das Taxi vorher verhandelt – das war dann auch eine gute Idee. Auch wenn der Taxifahrer anfangs sehr wissend wirkte, hielt er gefühlt 20x an und am Ende landeten wir dann irgendwo, nur nicht da, wo wir hinwollten.
Auch als wir uns dann mit einem anderen Taxifahrer zum Hotel bringen lassen wollten, war das Spiel das gleiche. Wir suchten dann nach einer U-Bahn-Station in der Nähe des Hotels, die er dann anhand der Lage auf der Karte identifizieren konnte. Von dort liefen wir dann – aber die Diskussion kostete dann schon 20 Minuten.
Tipps fürs Taxifahren:
- Preis vorher aushandeln – das ist oft eine gute Idee. Bei späteren Stops in Ägypten hatten wir z.T. Taxifahrer, die uns den ganzen Tag begleiteten, da war das natürlich noch wichtiger. Und Verhandeln ist natürlich obligatorisch – niemals den ersten Preis zahlen. Irgendwie wird man sich einig und in Kairo gibt es notfalls 80 andere Taxifahrer, die man innerhalb einer Minute anhalten kann
- Man sollte sich im Hotel entweder eine Visitenkarte geben lassen oder den Namen des Hotels und der Straße auf arabisch aufschreiben lassen. Die meisten Taxifahrer können weder mit dem ausgesprochenen Namen noch mit der lateinischen Schrift etwas anfangen.
Übrigens – zum Basar haben wir nicht mehr gefunden.
#Fazit
Kairo war für mich die mit Abstand anstrengendste Stadt, in die ich je gereist bin und ehrlicherweise war ich sehr froh, als ich wieder weiterfliegen durfte, auch wenn wir Highlights wie den Basar und die Zitadelle verpasst haben. Zwei Tage Mega-Großstadt haben mir absolut gereicht.
Als Frau (ohne Kopftuch) hatte ich übrigens keine Probleme, solange man sich einigermaßen normal kleidet – sprich Schultern bedeckt und Hosen mindestens übers Knie. Ich hatte schlimmstes befürchtet, als ich im Reiseführer über die U-Bahnen gelesen habe, in denen westlich gekleidete Frauen sehr gerne mal begrabscht werden sollen. Am Ende war aber das Gegenteil der Fall – einmal pfiff mir einer hinterher, der wollte mir aber nur sagen, dass der Reißverschluss an meinem Rucksack noch auf ist.
Insgesamt waren die Leute dort sehr freundlich zu uns, was allerdings nicht weiter verwunderlich war, schließlich gehörten wir zur bedrohten Art der Touristen in Ägypten, auf die eben viele Menschen dort doch existentiell angewiesen sind. Das Zimmermädchen im Hotel, bei dem die Zimmer hinterher dreckiger waren als vorher – der Taxifahrer, der den Basar nicht fand, solche Dinge muss man mit Humor nehmen. Und mit ein bisschen Erfahrung im Verhandeln und dem Wissen, dass die Guides eine Provison kassieren, sind auch die Shops, in die man geschleppt wird, weniger nervig.
In Kairo gab es viele beeindruckende Erlebnisse – vor der Sphinx stehen, sich durch die Altertümersammlung wühlen – das war schon was, was ich seit Kindertagen mal machen wollte.
Auf der anderen Seite aber sieht man aber viel Chaos – man kommt durch Viertel, in denen die Häuser nicht fertig gebaut werden, weil ab dann Steuern gezahlt werden müssten. Man sieht tote Tiere und Plastikmüll einfach überall. Schlechte Luft, überall Gestank – das war schlichtweg nicht meins, mich hat das überfordert, obwohl meine Wahlheimatstadt Wien ja auch nicht gerade eine Kleinstadt ist.
Würde ich wieder nach Kairo reisen? Alleine die altertümlichen Stätten von Sakkara und Gizeh sind es schon absolut wert – auch das Museum für Altertümer ist ein Traum für jeden Archäologie-Fan. Ich denke, wenn irgendwann mal das neue Museum steht, würde ich auch wieder hinfahren – vielleicht auch um den Basar zu sehen – länger als 2 Tage halten meine Nerven allerdings nicht aus. Definitiv würde ich aber ein anderes Hotel buchen – die schwarzen Eier und die nach oben gebogenen Wurstscheiben habe ich bis heute mit Grauen vor Augen.
Liebe Anke,
ich kann gut verstehen, dass Du und Kairo wohl keine Freunde mehr werdet. Ich bin bei solchen Ländern auch immer zwiegespalten. Auf der einen Seite diese unglaublichen Sehenswürdigkeiten wie die Sphinx, auf der anderen Seite die vielen Probleme, über die auch ich nicht einfach hinwegsehen könnte.
Ein interessanter und vor allem ehrlicher Beitrag!
Liebe Grüße,
Jessi
Liebe Anke, wie sagt man so schön: einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul… 😉 Aber ich stelle mir auch nach jeder Reise die Frage: würde ich da noch mal hinfahren? Kann ich diese Destination weiterempfehlen? Es gibt trotzdem immer etwas Schönes an jeder Reise – oder man lernt zumindest etwas fürs Leben dazu. LG, Anita
Liebe Anke,
damit hast du genau das Bild bestätigt, was ich durch meinen erten Ägyptenaufenthalt vor ein paar Jahren bekommen habe. Und ich finde es großartig, dass du es unbeschönigt beschreibst und nicht versuchst, es schönzureden. Danke dir für den tollen Beitrag. 🙂
Viele liebe Grüße
Kathi
Liebe Anke,
na, das bringt mich ja zum Nachdenken, was deine Schwiegermutter wohl von dir hält, dich in ein potenziell gefährliches Land wie Ägypten zu schicken. ?
Spaß beiseite, ich war noch nie dort und würde so gerne mal die Sphinx und die Pyramiden sehen. Die Grabkammer von Tutanchamun habe ich bewundert, als sie auf Tournee in Deutschland war und war sehr beeindruckt.
Und vermutlich ist es gar nicht schlecht, solche Highlights zu einem Zeitpunkt zu bereisen, wenn die Touristen ausbleiben. Zu normalen Zeiten kann man da vermutlich kaum treten.
LG
Gina
Ägypten habe ich schon viele male besucht, allerdings immer nur zum tauchen. Die Kulturschätze des Landes kenne ich also nur unterhalb des Meeresspiegels. So ein paar Pyramiden wären da schon auch mal schön gewesen, allerdings weis ich nicht ob Kairo so meines wäre. Nach deinem Artikel weiss man auf jeden Fall auf was man sich einlässt und ob man dafür bereit ist.
Viele Grüße
Victoria
Pyramiden – unbedingt.
Gizeh – unbedingt.
Sphinx – unbedingt.
Kairo – unbedingt.
Möchte ich alles unbedingt sehen. Dass du es mit Wien vergleichst finde ich witzig, denn: Gerade Wien ist Großstadttechnisch geshene wirklich keine Weltmetropole. Das hat was mit kluger Stadtplanung zu tun. Vergleichbar wirkt das uaf mich eher wie Ostblogstädte: Bukarest, Skopje. Sowas. Daran muss man sich gewöhnen – aber gerade sowas finde ich am schönste mit am Reisen. Unsere Welt ist eben nicht die einzige, und des ist nicht die einzig mögliche. Offensichtlich funktioniert das Leben in großem Chaos eben auch 😀
Na, ja es funktioniert ja eben nicht. Ich würde brechen, wenn ich eine aufgeblähte Pferdeleiche im Donaukanal schwimmen sehen würde. In Kairo lebt man im Müll, zwischen Haufen von Plastik und Haufen von Tierkadavern – kein Leben, das mir gefallen würde…